Als Opfer einer Straftat stehen Sie oft allein vor der Frage, was die nächsten Schritte sein können. Hier bietet das Instrument der Nebenklage eine wesentliche Stütze. Neben der Nebenklage kommen auch Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche in Betracht. Zudem kann eine einstweilige Anordnung nach § 1 GewSchG erwirkt werden. Diese stellt ein Annäherungs- und Kontaktverbot dar. Dieser Artikel beschreibt die rechtlichen Möglichkieten, geht auf finanzielle Hilfestellungsoptionen ein und macht auf Hilfsorganisationen aufmerksam.
1. Nebenklage
Die Nebenklage im deutschen Strafrecht ermöglicht es Ihnen, sich dem Strafprozess neben der Staatsanwaltschaft anzuschließen. Sie ist besonders relevant bei schwerwiegenden Straftaten wie Körperverletzung, Sexualdelikten oder versuchten Tötungsdelikten.
Was sind die Vorteile davon, Nebenkläger/in zu sein?
Als Nebenkläger/in haben Sie das Recht, den Strafprozess aktiv zu begleiten und wirksame Prozesshandlungen vorzunehmen. Dies bedeutet, dass Sie nicht nur Zeuge/in, sondern auch aktiver Teilnehmer/in des Verfahrens, mit eigenen prozessualen Rechten (§ 397 StPO) sind. Sie haben unter anderem ein
- Recht auf Akteneinsicht,
- ein Recht auf Anwesenheit in der gesamten Hauptverhandlung,
- das Recht einen Richter wegen Befangenheit abzulehnen,
- ein Frage- und Beanstandungsrecht,
- ein Beweisantragsrecht und
- das Recht auf Abgabe von Erklärungen (insbesondere während der Verhandlung).
All diese Rechte können auch über einen Anwalt geltend gemacht werden, sodass Sie nicht gezwungen sind, während der gesamten Verhandlung anwesend zu sein. Sie können somit direkt auf das Strafverfahren einwirken und Ihre Interessen durchsetzen.
Die Nebenklage bietet Ihnen als Opfer die Möglichkeit, nicht nur Gerechtigkeit zu suchen, sondern auch aktiv an ihrer Gestaltung teilzunehmen. Es ist ein Weg, um sicherzustellen, dass Ihre Erfahrungen und Ihr Leiden im Rahmen des rechtlichen Prozesses anerkannt und berücksichtigt werden.
Wie läuft die Nebenklage ab?
Die Nebenklage beginnt mit einer Anschlusserklärung, die häufig durch einen Anwalt erfolgt. Davor oder danach hat der Rechtsbeistand die Akte der Staatsanwaltschaft eingesehen. Durch die Kenntnis vom Akteninhalt können Sie herausfinden, ob die Staatsanwaltschaft alle relevanten Tatsachen ermittelt hat oder ob den Ermittlungen noch etwas hinzuzufügen ist. Oft ist es hilfreich (insbesondere für die spätere Verurteilung) wenn medizinische Unterlagen zur konkretisierung des Schadens bzw. der Leiden des Opfers mit beigebracht werden. Man bedenke immer: Der/Die Richter/in kann nur die Tatsachen zum Urteil heranziehen, von denen er/sie auch Kenntnis hat.
Gibt es die Möglichkeit der Kostenübernahme?
Bei besonders schweren Straftaten wird dem Opfer vom Gericht ein Nebenklagevertreter bestellt (vgl. § 397a StPO ). Das bedeutet, dass die Kosten für die Nebenklage vom Staat oder Täter übernommen werden. Andere möglichkeiten sind die Prozesskostenhilfe oder die finanzielle Unterstützung über eine Hilfsorganisation.
2. Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche
Nach bestimmten Straftaten haben Sie einen Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz. Dies betrifft nicht nur die sichtbaren körperlichen Verletzungen, sondern auch psychische Beeinträchtighungen. Ferner kommt ein Schadensersatzanspruch für eine eingeschränkte Haushaltsführung und für alle sonstigen erlittenen Schäden in Betracht. Dies kann zum Beispiel die Zuzahlung zu Krankenhausaufenthalten, Verdienstausfall oder Schäden an ihren Sachen sein. Sammeln Sie alle medizinischen Unterlagen, die Ihre Verletzungen und deren Folgen dokumentieren. Dazu gehören ärztliche Befunde, Krankenhausberichte, Behandlungspläne und Rechnungen für medizinische Leistungen. Hilfreich ist es auch, ein Schmerzensgeldtagebuch anzulegen. Hier notieren Sie die Folgen ihrer Verletzung. Wichtig ist es immer ein Datum, die Verschlechterung und Verbesserung der Leiden zu notieren. Schreiben sie auch Probleme im Alltag auf und nennen Sie ggf. Zeugen, die Ihren Zustand miterlebt haben oder machen Sie Fotos. Eine solche Dokumentation ist bei der Durchsetzung von Ihren Ansprüchen sehr wertvoll und kann maßgeblich für die Höhe des Schmerzensgeldes von Bedeutung sein.
3. Einstweilige Anordnung
Das Gewaltschutzgesetz (GewSchG) bietet Opfern von Gewalttaten wichtige Schutzmechanismen. Einer der zentralen Aspekte ist die Möglichkeit, eine einstweilige Anordnung gemäß § 1 GewSchG zu erwirken.
Was ist eine einstweilige Anordnung?
Eine einstweilige Anordnung ist ein gerichtlicher Beschluss, der dazu dient, weitere Verletzungen der körperlichen Unversehrtheit, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung zu verhindern. Sie ist ein schnelles und effektives Mittel, um Opfern von Gewalttaten unmittelbaren Schutz zu gewähren. Sie kann manchmal schon binnen Tagen erlangt werden. Inhalt der Entscheidung ist ein halbjährliches oder jährliches Annäherungs- und Kontaktverbot. Insbesiondere im Bereich von Stalkingfällen ist die einstweilige Anordnung oft das effektivste Mittel, um Hilfe zu erlangen.
Wann kommt eine einstweilige Anordnung in Betracht?
Eine einstweilige Anordnung wird in Betracht gezogen, wenn eine Person vorsätzlich den Körper, die Gesundheit, die Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person widerrechtlich verletzt hat. Das Gericht trifft dann die zur Abwendung weiterer Verletzungen erforderlichen Maßnahmen.
Wie kann eine einstweilige Anordnung erwirkt werden?
Die Beantragung einer einstweiligen Anordnung erfolgt durch das Opfer selbst oder durch einen Anwalt. Das Gericht entscheidet dann über die Notwendigkeit und Angemessenheit der Maßnahme.
Sollten Sie Opfer einer Straftat geworden sein, so können Sie sich gerne mit uns in Verbindung setzen. Über den „Weißer Ring e.V.“ gibt es bei vielen Opfern die Möglichkeit der Kostenübernahme des Erstgesprächs durch die Beantragung eines Opferberatungsscheins.
4. Hilfsorganisationen
Andere Hilfsorganisationen an die Sie sich wenden können sind:
- Opferhilfe Berlin e.V.: Diese Organisation bietet sowohl Opfern als auch Zeugen von Straftaten und deren Angehörigen Beratung und Unterstützung an. Ihre Dienste umfassen unmittelbare Hilfe nach der Tat sowie langfristige Unterstützung, unabhängig vom Delikt, Alter, Gender und Herkunft der Betroffenen.
- Weißer Ring e.V.: Der Weiße Ring ist eine bundesweit tätige Organisation, die sich auch in Berlin engagiert. Sie bieten Opfern von Straftaten persönliche Betreuung, Hilfe bei Behördengängen, Gerichtsterminen und die Vermittlung professioneller Psychologen.
- BIG – Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen: Diese Organisation konzentriert sich auf die Unterstützung von Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind.
- Wildwasser Berlin e.V. Mädchenberatung: Spezialisiert auf die Beratung und Unterstützung von Mädchen, die Opfer von Gewalt wurden.
- Lara – Krisen- und Beratungszentrum für vergewaltigte Frauen: Bietet Unterstützung und Beratung für Frauen, die sexuelle Gewalt erfahren haben.
- Berliner Krisendienst: Unterstützt Menschen in psychosozialen Krisen und akuten seelischen oder psychiatrischen Notsituationen.
- Tauwetter – Anlaufstelle für Männer, die als Junge sexuell missbraucht wurden: Spezialisierte Unterstützung für Männer, die in ihrer Kindheit Missbrauch erlebt haben.
- berliner jungs, Hilfe-Für-Jungs e. V.: Eine Organisation, die Jungen und junge Männer unterstützt, die Opfer von Gewalt wurden.
- Maneo – Schwules Überfalltelefon: Bietet Unterstützung für schwule Männer, die Opfer von Gewalt wurden.
- KIZ – Kind im Zentrum: Eine Organisation, die sich auf die Unterstützung von Kindern konzentriert, die Opfer von Straftaten wurden.
- Reach Out-Beratung für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt: Spezialisiert auf die Unterstützung von Opfern rechter und rassistischer Gewalt.
- Gewaltschutzambulanz – Hilfe für Opfer von Gewalttaten: Eine medizinische Einrichtung, die Opfern von Gewalttaten hilft.
Sie sind nicht allein. Bitte lassen Sie sich helfen! Rufen Sie mich an und wir sprechen über die nächsten Schritte.